Mittwoch, 11. September 2013

Mietenwahnsinn und soziale Verdrängung in Altona

(Platz der Republik, Ottensen)

Die strukturellen Veränderungen in Hamburg-Altona sind spätestens seit dem Ikea-Bauvorhaben und dem Projekt ‚Neue Mitte Altona’ in aller Munde.
(Neue Große Bergstraße, Altona-Altstadt) 

Viele Investoren sehen vor allem in Ottensen, Altona-Altstadt und St. Pauli großes Potential. Doch die Meinung innerhalb der Bevölkerung hinsichtlich der zahlreichen Baumaßnahmen ist äußerst gespalten. So geht eine Aufwertung des Milieus stets mit einer sozialen Verdrängung einher. Viele alteingesessene Bürgerinnen und Bürger werden in naher Zukunft den Mieterhöhungen nicht mehr standhalten können und ins Hamburger Umland umziehen müssen. Zum Gespräch traf ich heute den Rapper und selbsternannten ‚Exil-Altonaer’ MC Loink, der in seinem Musikvideo ‚Traum’ die momentane Wohnungsnot thematisiert und damit wahrscheinlich vielen aus der Seele sprechen wird.
(Ausschnitt aus dem Musikvideo "Traum") 

Loink, beschreib bitte kurz die Botschaft deines Videos und erzähl, was dich besonders an Altona fasziniert bzw. warum es für dich so schlimm war, von dort weg zu ziehen. „Als ich vor einigen Jahren aus Altona wegzog, habe ich mich oft gefragt, warum die Mieten in Altona so extrem gestiegen sind und warum ich mir damals nur eine Wohnung an der Grenze zu Schleswig-Holstein leisten konnte. Das war auch die Zeit, in der mein Stammcafé in der Bahrenfelderstraße geschlossen wurde und mein Lieblingsimbiss, wo ich nach meinen Besuchen in Altona oftmals eine Currywurst gegessen habe. Zu der Zeit wurden in Ottensen auch immer mehr nichtssagende Coffee-To-Go-Läden und ein paar schicke Bars eröffnet und das Klientel hat sich ziemlich rasch gewandelt. In dem Song habe ich versucht, meinem Ärger etwas Luft zu machen. Ich hatte immerhin mein bisheriges Leben dort verbracht und daher war vor allem Ottensen Teil meiner Identität.“
(Bahrenfelderstraße, Ottensen) 

Früher zog man zum Studieren vom Land in die Stadt, heute ist das oft umgekehrt. Läuft da irgendetwas falsch, Loink? „(Lacht), ja wenn du mich fragst, läuft da sicherlich etwas falsch. Gerade in den großen Städten wie Hamburg und Berlin fehlt es an bezahlbarem Wohnraum. Ich kenne viele, die für ihr Studium in eine Kleinstadt wie Kiel oder sogar ans andere Ende von Deutschland gezogen sind. Scherzhaft bezeichne ich mich daher oft gern als ‚Exil-Altonaer’, um zu betonen, dass ich mich immer noch mit dem Stadtteil verbunden fühle und eigentlich nur unfreiwillig von dort weggezogen bin.“
(MC Loink, Kemal-Altun-Platz, Ottensen) 

Was möchtest du unseren Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben, die sich von deiner Message angesprochen fühlen oder einfach gar nichts damit anfangen können? „Also, ich bin sicherlich nicht der Erste, dem das aufgefallen ist. Allerdings glaube ich, dass es einige Leute gibt, die sich schon mit diesem Dilemma abgefunden haben. Ich für meinen Teil finde, man sollte die Anwohner bei größeren Vorhaben mitentscheiden lassen. Ansonsten wird das ‚soziale Flair’, was nicht nur in Altona, sondern z.B. auch in Berlin-Kreuzberg immer mehr ausgeschlachtet wird, bald verschwunden sein und Ottensen ist dann auch nur noch ein Architektenstadtteil, so wie die Hafencity. Also schaut euch mein Video an oder geht ins Altonaer Museum – solange es noch da ist.“ 

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